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Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle an der Saale

Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle an der Saale

Ute Rosner

Die Halloren - eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft

Seit über 1200 Jahren ist die Geschichte Halles untrennbar mit dem Salz verbunden. Bereits aus der Bronze- und Eisenzeit existieren archäologische Funde, die belegen, dass schon zu dieser Zeit aus Sole Salz gewonnen wurde. Brunnenreste und Briquetagen - letztere dienten zur Salzsiedung - bezeugen, wie vor ca. 2000 v. u. Z. bis ins Mittelalter keltische, germanische und slawische Stämme Salz produzierten. Vier Brunnen sind seit dem 13. Jahrhundert nachweislich bekannt, die jahrhundertelang hochprozentige Sole lieferten. Die Salzwirker, auch Halloren genannt, verarbeiteten diese zu dem begehrten Siedesalz. 1524 schlossen sie sich zu einer noch heute existierenden Brüderschaft zusammen, der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle an der Saale. Im Dezember 2014 wurde die Brüderschaft in die nationale Liste des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Die Traditionen der Halloren sowie ihr lebendiges Brauchtum sollen auf diese Weise geschützt werden.

Die Brüderschaft der Salzwirker bildete über Jahrhunderte hinweg eine enge, gut organisierte Arbeits- und Lebensgemeinschaft. Ihre zu damaliger Zeit mehrere hundert Mitglieder übernahmen verschiedene Aufgaben bei der Salzherstellung. Die Bornknechte beförderten die Sole, das Salzwasser, aus den Brunnen nach oben und trugen es in die Siedehäuser. Die Wirker waren mit der eigentlichen Salzbereitung befasst. Zu ihnen gehörten die Salzträger, die Sieder, die die Sole in Herdpfannen zu Salz verkochten, die Gruder (Heizer) und die Knechte, die bei der Salzherstellung mithalfen. Die Läder und Stopfer wiederum kümmerten sich um das Verladen des Salzes und das Instandhalten der Wagen sowie darum, das Salz vor Nässe zu schützen.

Halloren in Festtracht
Halloren in Festtracht

Die strengen Regeln der Halloren schrieben vor, dass nur derjenige als Wirker oder Läder in der Gemeinschaft arbeiten durfte, dessen Eltern bereits beidseitig den Halloren angehörten. Bornknechte dagegen mussten nicht von Geburt an Halloren sein.

Die Halloren heirateten demgemäß meist untereinander. Sie sprachen außerdem einen speziellen Dialekt und kleideten sich in eine besondere Tracht. Das Festkleid der Halloren, das auch heute noch zu besonderen Anlässen getragen wird, besteht aus dem Dreispitz, bezogen mit schwarzem Samt, rotem oder blauem Dreiviertelmantel mit Pelzbesatz an den Stulpen, 18 silbernen Kugelknöpfen, einer Kniebundhose, Strickstrümpfen mit Zopfmuster und schwarzen Halbschuhen mit Silberschnallen. Bei Regen oder kaltem Wetter wird dem Ganzen noch ein schwarzer Umhang hinzugefügt. Je nach Rang und Aufgabe der Mitglieder innerhalb der Hallorengemeinschaft unterscheidet sich deren Festkleid in kleineren Details. So trägt beispielsweise der Hauptmann einen Dreispitz mit weißen Federn, einen Hauptmannsstab, einen Degen und eine blaue Schärpe um Bauch und Schulter. Der Hallorenleutnant dagegen ist mit einem normalen Dreispitz, einer blauen Bauchschärpe und einem Degen ausgestattet. Die 18 silbernen Kugelknöpfe - jeder für sich mit einem bestimmten Sinngehalt versehen - spiegeln auf ihre Weise die Strukturen der Salzwirker-Brüderschaft wider. Vor allem aber findet sich ihr Pendant in Form der allgemein bekannten und begehrten Hallorenkugeln in den Schokoladenregalen der Kaufhäuser.

Neben ihrem geschichtlichen Hintergrund und Besonderheiten wie ihrer Tracht sind es ihre lebendigen Traditionen, die die Halloren auch heute als Gemeinschaft auszeichnen. Dazu gehört unter anderem das Fischerstechen, ein Schauturnier, das auf dem Wasser, insbesondere auf der Saale ausgetragen wird. Die Teilnehmer stellen ihren Mut unter Beweis, indem sie versuchen, den gegnerischen Kämpfer mit Hilfe einer Turnierstange in die Saale zu stoßen. Zwei Boote steuern zu diesem Zweck aufeinander zu und die Kämpfer, auf dem Rücksitz stehend, warten den richtigen Moment ab, um ihren Stoß gezielt auszuführen.

Der Zappeltanz wird von den Platzknechten zum Pfingstbierfest aufgeführt. Getanzt wird nach alter Melodie. Dabei versucht jeder Tänzer, die anderen durch gewitzte Sprünge in die Irre zu führen und umzustoßen. Der Sieger erhält am Ende von der Hallorenbraut einen Kuss.

Höhepunkt des Pfingstbierfestes ist das große Fahnenschwenken. Dem dafür von der Gemeinschaft gewählten Fähnrich obliegt es, das schwere Seidentuch des Banners, welches nur für festliche Anlässe genutzt wird, in rhythmischen, einer Melodie folgenden Schwüngen um den Fahnenschaft zu wickeln und dann daraufhin wieder auszuwickeln.

Mit der Einfuhr von billigem Importsalz hat das Handwerk der Halloren zwar schon lange seine Bedeutung verloren, aus dem öffentlichen Leben Halles sind die Halloren dennoch bis heute nicht wegzudenken. Fischerstechen, Zappeltanz und Fahnenschwenken - zu wichtigen öffentlichen Anlässen und Festen kann man ihre Bräuche noch hautnah erleben. 

*****

Bildquellen:

Die Gartenlaube, Ernst Keil's Nachfolger, 1856, gemeinfrei

Halloren in Festtracht, Wikipedia, User:Dundak (CC BY 3.0)

Literaturquellen:

- http://www.salinemuseum.de/halle-saale/die-halloren/

- http://www.hallore.de/

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